Systemakkreditierung

Der im Zuge der Bologna-Reform von den Ländern eingeführte Zwang zur Akkreditierung und Reakkreditierung von Studiengängen (vgl. BremHG § 53 Abs. 4) ist ein direkter Angriff auf die Freiheit der Lehre und die Hochschulautonomie. Die zur Akkreditierung befugten Agenturen sind zwar auf dem Papier in der Mehrzahl gemeinnützige Vereine, allerdings bei Akkreditierungskosten von etwa 10.000 € bis 14.000 € pro Studiengang auch Profiteure eines florierenden Geschäftszweiges. Die Akkreditierung der Akkreditierungsagenturen wiederum liegt in der Verantwortung des Akkreditierungsrates, welcher im Jahr 2005 von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet wurde, was ihn jedoch nicht daran hindert, bundesweit zu agieren. Besonders bedenklich ist, dass in diesem für das deutsche Hochschulwesen mittlerweile so zentralem Gremium die Vertreter*innen der Berufspraxis mit 5 Mitgliedern die stärkste Fraktion stellen. Die Interessen der immerhin von gewählten Vertreter*innen besetzten Kultusministerkonferenz fließen dabei nur mehr durch sogenannte Ländergemeinsame Strukturvorgaben in die Entscheidungen des Akkreditierungsrates mit ein. Mit dieser irritierenden Konstruktion hat die öffentliche Hand ohne jede Not das letzte Wort über die Ausgestaltung von Studiengängen in private Hände übergeben.

Anstatt sich hier mit aller Kraft zur Wehr zu setzen, hat der Akademische Senat (Sitzung XXV/11) der Universität Bremen im Juli 2014 beschlossen, den Prozess für eine sogenannte Systemakkreditierung in Gang zu setzen. Bei dieser Form der Akkreditierung werden nicht mehr einzelne Studiengänge (für einen bestimmten Zeitraum) akkreditiert, sondern die für Lehre und Studium relevanten Strukturen und Prozesse als solche, also quasi das System Universität. Hier liefert sich nicht nur die Universität in ihrer Gesamtheit dem Akkreditierungswahnsinn aus, es findet zudem eine bedenkliche Machtverschiebung und Zentralisierung von den Fachbereichen hin zur Hochschulleitung statt. Agierten die Fachbereiche im Rahmen der bisherigen Programmakkreditierung als Auftraggeber und zentrale Ansprechpartner, ist eine Systemakkreditierung letzten Endes eine Sache, die zwischen Akkreditierungsagentur und Hochschulleitung alleine verhandelt wird.

Die Entscheidung für eine Systemakkreditierung ist insofern brisant, als dass seit Jahren große verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Akkreditierungszwang geäußert werden. Schon 2009 hat die Juristische Fakultät der Universität Heidelberg die Akkreditierung als verfassungswidrig eingestuft2. Seit 2010 ist zudem eine Anfrage des Verwaltungsgerichts Arnsberg beim Bundesverfassunggericht in Karlsruhe hinsichtlich der Vereinbarkeit des Akkreditierungszwanges mit Art. 5 Abs.3 GG Art. 20 Abs.3 des Grundgesetzes anhängig3. Dass die Universität Bremen trotzdem und trotz ihrer angespannten finanziellen Lage nun eine kostspielige Systemakkreditierung auf den Weg bringt, ist aus Sicht des AStA unverständlich.

1 vgl. http://www.uni-bremen.de/qm-portal/systemakkreditierung/ag-qm.html
2 vgl. http://www.sciencegarden.de/content/2011-08/verfassungswidriger-eingriff-in-die-wissenschaftsfreiheit
3 Verfahren 1 BvL 8/10