Stellungnahme des AStA der Uni Bremen zum Brandanschlag in Syke

In der Nacht vom 12. auf den 13. Februar haben Neonazis in Syke ein Restaurant migrantischer Inhaber*innen angezündet und xenophobe Symbole, darunter Hakenkreuze, auf das Gebäude gesprüht. Die Anwohner*innen konnten rechtzeitig evakuiert werden und zogen keine Verletzungen von dem Brand davon, der Sachschaden wird auf 150.000€ geschätzt.

Der AStA der Uni Bremen solidarisiert sich mit den Opfern des Anschlags und den Kräften, die dem Angriff und der Diskussion über ihn mit radikaler Kritik an Faschismus und Nationalismus und praktischem Widerstand dagegen begegnen.

Den beteiligten und allen weiteren Neonazis auf der Welt wünschen wir nur das Schlechteste und hoffen darauf, dass sie eine schöne Abreibung bekommen.

Rechtsradikal motivierte Brandanschläge sind in Deutschland leider keine Ausnahme, sondern gerade in ländlichen Regionen traurig gängig. Auffällig ist aber doch, wie stark gerade 2019 rechtsradikaler Terror in Deutschland zugenommen hat – der Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke, der missglückte Anschlag auf eine Synagoge mit anschließender Ermordung zweier Menschen in Halle, die Aufdeckung von Todeslisten der rechtsradikalen Gruppe „Nordkreuz“ sind die prominentesten Beispiele. Gleichzeitig werden immer tiefere Verstrickungen rechtsradikaler Strukturen zu Polizei und Bundeswehr offengelegt.

Da ist es doch wunderlich, wie sich Bürgerliche zu rechtsradikalen Akteur*innen, ihren Strukturen und ihren Handlungen verhalten – vergleicht man damit, wie lichterloh deren Gemüter flammen, wenn in Hamburg mal zwei Wannen brennen.

Der Umgang zeigt sich auch wieder bei Sykes Bürgermeisterin Suse Laue. Die zeigt sich laut buten un binnen „tief betroffen“ und will sich dafür einsetzen, dass die Tat, die gar nicht zum „guten Miteinander“ im Ort passt, im Syker Rat „verurteilt“ werde. Befassung Ende.

Kein Wort dazu, ob die Kleinstadt irgendwelche praktischen Konsequenzen aus dem Anschlag ziehen möchte – aber das schärfste demokratische Schwert gegenüber Nazis ist oft genug schwammige moralische Verurteilung. Praktische Konsequenzen braucht es aber ja auch gar nicht, weil die Tat so einzigartig und merkwürdig ist, dass Frau Laue richtig überrascht darüber ist, wo das denn herkommen kann. Die naheliegendste Lösung ist: weil die einzelnen Akteur*innen einfach ein bisschen spinnen. Eine politische Auseinandersetzung mit ihnen erübrigt sich darum ebenso wie die praktische, sind sie doch a) quasi nicht zurechnungsfähig und b) nur Einzelfälle.

Das ist einerseits eine bodenlose Verharmlosung neofaschistischer Ideologie und ihrer Anhänger*innen, die leider mitnichten vereinzelt und versprengt sind, sondern sich gerade in letzter Zeit immer aggressiver zusammenrotten, um ihrer xenophoben Denke zur Praxis zu verhelfen und mit der AfD auch parlamentarisch eine immer größere Relevanz und Akzeptanz in der Mehrheitsbevölkerung gewinnen. Andererseits ist es typisch, dass die bürgerliche Mitte sich zwar mit großmauliger Empörung von den Neonazis abgrenzen, ihnen aber inhaltlich bis auf die moralische Empörung wenig entgegenzusetzen haben. Frau Laue will mit ihrer Aussage zu „gutem Miteinander“ der Bürger*innen von Syke wahrscheinlich nicht dementiert haben, dass an Stammtischen und auf Schützenfesten mal rassistische und sexistische Sprüche geklopft werden und während WM und EM die Zugehörigkeit zur deutschen Nation flaggenwedelnd „endlich mal wieder offen zelebriert werden darf“. Das sind keineswegs Phänomene der Gruppe Rechtsaußen, die immer größer wird, sondern Kernbestandteil der deutschen Kultur – und dagegen ist nach bürgerlicher Auffassung auch gar nichts einzuwenden.

Dass es ein Nationalvolk gibt, zu dem die einen dazugehören und die anderen eben nicht, den Gedanken teilen Faschist*innen und Bürgerliche allemal. Dass sie nichts miteinander zu tun hätten, wäre also gelogen. Freilich möchten Faschist*innen Volkszugehörige gerne anders definieren und mit Nichtzugehörigen anders umgehen, als der deutsche Staat es tut – sie beziehen sich mit ihrem Nationalismus aber auf staatliche Praxis, an der die Bürgerlichen auch nichts kritisiert haben möchten. Die Saat des Faschismus ist schon im bürgerlichen Nationalstaat gelegt. Es ist darum dämlich, den Nationalstaat als wichtig zu verteidigen und sich gleichzeitig darüber zu empören, dass Faschist*innen sich auf den Standpunkt stellen, man müsste ihn noch wichtiger nehmen,

Ein konsequenter Antifaschismus darf sich darum nicht darin erschöpfen, auf bunten Konzerten rumzuhängen, „Wir sind mehr“ zu rufen und sich darüber zu freuen, dass die bürgerlichen Parteien den humaneren Nationalismus praktizieren. Er muss Hand in Hand gehen mit einem fundamentalen Antinationalismus, der auch den bürgerlichen Boden in den Blick nimmt und kritisiert.

In diesem Sinne: Gegen Faschist*innen und Nationalist*innen jeder Couleur! Für einen starken antifaschistischen Widerstand in Syke und überall!