Uni Bremen: Studierende fordern eine Prüfungsordnung ohne Beschränkung der Prüfungswiederholbarkeit

Die Einführung strenger Maßnahmen des Zentralen Prüfungsamts (ZPA) im Umgang mit
nicht eingegangenen Ergebnissen von Prüfungsleistungen Anfang des Jahres gab an der
Bremer Uni den Anstoß für eine grundsätzliche Infragestellung der derzeitigen Praxis der
Zwangsexmatrikulationen bei Nichtbestehen von Prüfungsleistungen. Nach entsprechenden
Beschlüssen des Studierendenrats und der studentischen Vollversammlung streitet der AStA
gemeinsam mit den studentischen Senatsmitgliedern nun diesen Mittwoch, den 06.07.2016, im
Akademischen Senat (AS) für die Abschaffung jeglicher Wiederholungsbegrenzungen von
Prüfungsleistungen zu Gunsten eines selbstbestimmten und angstfreien Studiums.

Die studentischen Mitglieder des Akademischen Senats stellen auf der morgigen Sitzung einen
Beschlussantrag auf Änderung des allgemeinen Teils der Prüfungsordnung. Aus studentischer Sicht
sollen in Zukunft Prüfungen unbeschränkt und unbefristet wiederholbar sein.Der Antrag wird
sowohl von der Leitung des Dezernates für studentische Angelegenheiten als auch von der
Psychologisch-Therapeutischen Beratungsstelle unterstützt. Vorausgegangen ist dem ein
vehementer studentischer Protest. Die Forderung der Abschaffung der Begrenzung von
Prüfungswiederholungen wurde im Studierendenrat bereits am 12.04.2016 einstimmig und auf der
studentischen Vollversammlung vom 31.05.2016 mit überwältigender Mehrheit beschlossen.
Der derzeitige allgemeine Teil der Prüfungsordnung für alle Bachelor- und Masterstudiengänge
sieht eine zeitliche Befristung der Wiederholungsmöglichkeiten von Prüfungen vor: nach der
Anmeldung über PABO zur Modulprüfung haben Studierende drei Folgesemester Zeit, um das
Modul erfolgreich abzuschließen. Liegt den Prüfungsämtern nach dieser Zeit keine Meldung
darüber vor, dass das Modul bestanden sei, folgt die Zwangsexmatrikulation aus dem Studiengang –
das Studium kann dann bundesweit nicht mehr wiederaufgenommen werden. Die
Prüfungsbegrenzung stellt insofern eine existenzielle Bedrohung des Studiums dar und verschärft
gerade in Verbindung mit der immer höheren Prüfungsdichte den Druck auf Studierende.

„Die Begrenzung von Wiederholungsversuchen schränkt die Möglichkeit eines selbstbestimmten
Studiums drastisch ein und stellt einen fragwürdigen Erziehungsanspruch der Prüfungsordnung
gegenüber erwachsenen Menschen dar“, moniert Marvin-Lee Ellermeyer, Präsident des
Studierendenrates. Gleichzeitig ist der postulierte Nutzen der Regelung auf das Studium mehr als
fragwürdig: „Dass Studierenden bei Nichtbestehen von Prüfungen die Zwangsexmatrikulation
droht, ist einem erfolgreichen Studium nicht förderlich, sondern bewirkt das genaue Gegenteil:
Prüfungsangst und -druck erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines unfreiwilligen Studienabbruchs.
Anstelle dieses Zwangsmechanismus, welcher individuelle Schwierigkeiten durch bloße
Formalismen zu lösen versucht, müsste auf die immer prekärere Lage Studierender mit flexiblen
Regelungen und individuellem Austausch zwischen Studierenden und Lehrenden reagiert werden“,
so Irina Stinga, studentisches Mitglied im AS.

Gerade Studierende in alternativen Lebenssituationen werden durch die Begrenzung der
Wiederholbarkeit von Prüfungen in inakzeptabler Weise in ihrem Studium eingeschränkt, statt eine
Förderung zu erfahren: Studierende, die neben dem Studium ihren Lebensunterhalt finanzieren
müssen, Studierende mit Kind oder zu pflegenden Angehörigen oder Studierende mit Behinderung
kommen häufig in die Bredullie, die Drei-Semester-Frist nicht einhalten zu können. In Härtefällen
können Studierende zwar vor den Prüfungsausschüssen gegen die Zwangsexmatrikulation vorgehen
– dies allerdings ist verbunden mit einem Rechtfertigungszwang. „Studierende sollen der
Universität nicht über ihren Studienverlauf rechenschaftspflichtig sein: die Einteilung des Studiums,
also wann welche Prüfungsleistung abgelegt wird, sollte im Ermessen jeder*jedes einzelnen
liegen“, so Stinga weiter.

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